Im ersten Teil dieses Beitrags hatte ich Ihnen einige Tipps an die Hand gegeben, wie Sie Ihrer Erinnerung auf die Sprünge helfen können, um sich auf das Gespräch mit Ihrer Biografin bzw. Ihrem Biografen vorzubereiten. In dieser Fortsetzung stelle ich Ihnen Techniken vor, wie Sie Ihre Erinnerungen zu Papier bringen und strukturieren können.

Eine Materialsammlung gewinnt dadurch, möglichst umfangreich zu sein. Eine Biografie hingegen hat in der Regel einen anderen Anspruch: Hier geht es weniger um Vollständigkeit als vielmehr darum, Zusammenhänge aufzuzeigen, rote Fäden im Leben darzustellen oder die eigenen Werte zu vermitteln. Ihre Biografie beantwortet die Frage, wie Sie zu dem Menschen wurden, der Sie heute sind und umfasst meist ein ganzes Leben.

Passt ein Leben überhaupt zwischen zwei Buchdeckel? Ja, es passt, aber insbesondere, wenn Sie sehr viele Ereignisse aus Ihrer Vergangenheit im Kopf haben und Zeit und/oder Budget nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, macht es Sinn, eine Vorauswahl zu treffen, um Ihrer Biografin bzw. Ihrem Biografen genau das zu erzählen, was wichtig ist – nicht (viel) mehr und nicht (viel) weniger.

Schritt 1: Machen Sie sich Ihr persönliches „Warum“ klar.

Eines lege ich jedem ans Herz: Machen Sie sich vor dem ersten Treffen mit Ihrer Biografin bzw. Ihrem Biografen Gedanken darüber, was Ihr persönliches Ziel ist. Zu welchem Zweck möchten Sie Ihre Geschichte aufschreiben lassen und wer soll Ihre Biografie später lesen dürfen? Diese Informationen sind sehr wichtig und sowohl Sie als auch Ihre Biografin bzw. Ihr Biograf sollten Ihre persönlichen Ziele immer vor Augen haben.

Schritt 2: Festhalten und Strukturieren von Erinnerungen

Wer sich intensiv auf das Gespräch mit seiner Biografin bzw. seinem Biografen vorbereitet, fördert viele einzelne Erinnerungsbruchstücke zutage – meist mehr, als man im Kopf überblicken kann. Ich empfehle deshalb, Notizen zu machen. Je nachdem, wie detailliert und strukturiert Sie dabei vorgehen möchten, bieten sich verschiedene Techniken an. Drei davon stelle ich Ihnen im Folgenden kurz vor.

Meine Lebensthemen – eine Mindmap

Nehmen Sie sich ein weißes Blatt Papier und schreiben Sie in die Mitte ihren Namen. Notieren Sie dann rund herum in Schlagworten, welche Stationen oder Themen in Ihrem Leben eine Rolle gespielt haben. Zu jedem Thema können Sie weitere Gedanken festhalten.

Ihre Mindmap könnte zum Beispiel so aussehen:

1-map-hand

Handgeschriebene Mindmap

Wenn Ihnen Ihre Themen nicht von Anfang an klar sind, gehen Sie von prägnanten Erinnerungen aus. Sammeln Sie Ihre Erinnerungen so, wie Sie Ihnen in den Sinn kommen, ohne bereits zu filtern. Denken Sie nicht zu lange darüber nach, ob ein Punkt es wert ist, aufgenommen zu werden: Im Zweifel notieren sie ihn zunächst, gestrichen wird später. Um die Erinnerung anzuregen, können die Tipps aus meinem Blogbeitrag Erinnerungen wecken: Vorbereitung auf das Gespräch mit meiner Biografin bzw. meinem Biografen – Teil 1 vielleicht nützlich sein.

Wenn Sie meinen, den größten Teil zusammengestellt zu haben (Vollständigkeit sollten Sie nicht anstreben!), überprüfen Sie, ob Sie Gemeinsamkeiten zwischen den Punkten erkennen und sie thematisch gruppieren bzw. zusammenfassen können.

Je mehr Punkte man in die Mindmap aufnehmen möchte, desto enger und konfuser wird es auf dem Papier. Wer gern am Computer arbeitet, dem empfehle ich deshalb die Verwendung einer Software. Mit einem Mindmapping-Programm kann man seine Gedanken übersichtlich erfassen, einzelne Zweige ein- und ausblenden und nachträglich gelöschte Punkte stören nicht in der fertigen Map.

Digitale Mindmap

Digitale Mindmap

Ob mit dem Stift oder der Tastatur: Ziel ist es, die Themen herauszuarbeiten und zu Papier zu bringen, die in Ihrem Leben eine Rolle gespielt haben und über die Sie in Ihrer Biografie sprechen möchten.

 

„Was war wann?“ – Verschiedene Perspektiven auf den „tabellarischen Lebenslauf“

Ein anderer Ansatz für das Notieren von Erinnerungen ist ein „vielschichtiger Lebenslauf“.

„Von meiner Geburt bis heute“ – ein chronologischer Rückblick auf den Lebensweg gelingt oft am besten. Das Dasein umfasst aber so viele Aspekte, dass es gar nicht so leicht ist, dabei an alles zu denken. Um Ihre Gedanken strukturiert festzuhalten, können Sie beispielsweise so vorgehen:

Nehmen Sie die klassische Form des tabellarischen Lebenslaufs, wie man sie einer Bewerbung beilegt, als Ausgangsbasis und schreiben Sie Ihre schulische und berufliche Laufbahn (chronologisch mit Jahreszahlen versehen) auf: angefangen bei der Grundschule über Ausbildung oder Studium und den ersten Job bis zu dem Punkt, an dem Sie heute stehen.

Nehmen Sie danach andere Lebensbereiche in den Blick. Ich empfehle, für jeden Aspekt zunächst eine neue Seite anzulegen. Durchstreifen Sie Ihr Leben gedanklich jedes Mal aufs Neue chronologisch von Beginn an und halten Sie die Stationen und Ereignisse mit Jahreszahlen fest. Manche Blätter enthalten vielleicht nur ein oder zwei Punkte, auch das ist in Ordnung.

Hier ein paar Beispiele dafür, welche Lebensbereiche Sie näher betrachten könnten:

  • Wohnorte (z. B. Umzüge, Lebensstationen)
  • Beziehungen (z. B. Kennenlernen, Ehe, Trennung/Scheidung, wichtige gemeinsame Erlebnisse)
  • Eigene Kinder (z. B. Geburt, Einschulung, Auszug, wichtige gemeinsame Erlebnisse)
  • Reisen (z. B. Urlaube, bedeutsame berufliche Reisen, Auslandsaufenthalte)
  • Körper (z. B. Unfälle, Krankheiten)
  • Persönliche Entwicklung (z. B. Krisenzeiten, Erkenntnisse, bewusste Lebensentscheidungen)
  • Wichtige Menschen in meinem Leben (z. B. Beginn von Freundschaften)
  • Religion/Weltanschauung (z. B. Taufe, Erstkommunion, Firmung, prägende religiöse Erfahrungen)
  • Interessen (z. B. Aufnahme von Hobbys, prägende kulturelle Erlebnisse)
Wohnorte 1960 - 63Mogendorf 1963 - 83 Köln 1984 - 85 München 1986 – heute Stuttgart Interessen 1965 (5 Jahre alt) Basteln, Musik 1975 (15 Jahre alt) Musik, Gitarre 1985 (25 Jahre alt) Tennis (im Verein) Seit 2000 (40 Jahre alt) Lesen, Gedichte schreiben Seit 2012 (52 Jahre alt) Kajak

Vielschichtiger Lebenslauf

Wenn Sie möchten, führen Sie Ihre Tabellen zum Schluss zu einer großen Gesamttabelle zusammen. So erhalten Sie einen vielschichtigen tabellarischen Lebenslauf.

„Was war wo?“

Eine dritte Alternative, um Erinnerungen festzuhalten, geht von den Orten aus, an die Ihr Leben Sie geführt hat. Wer häufig umgezogen oder viel gereist ist, verknüpft Erinnerungen oft eher mit einem Ort bzw. einer Umgebung als mit einer bestimmten Zeit. In diesem Fall können Sie folgenden Ansatz ausprobieren.

  • Schreiben Sie die Orte auf, die in Ihrem Leben eine Rolle spielen. Nehmen Sie dazu vielleicht eine Karte oder einen Atlas zur Hand.
  • Halten Sie zu jedem der Orte Erinnerungen fest, die Ihnen dazu einfallen.
Münchner Zeit (München, Blutenburgerstr. 36) -Job bei Firma H. - K. kennengelernt - toller Sommer! - Tennis im Verein

Auflistung wichtiger Lebensstationen/Erinnerungen nach Orten

 

Auch hier gilt: Machen Sie sich bei diesem Schritt nicht zu große Gedanken darüber, ob eine Erinnerung später wirklich Eingang in Ihre Biografie finden soll, sammeln Sie erst einmal.

Schritt 3: Fokussieren

Ganz gleich, welche der Methoden aus Schritt 2 Sie benutzen, in jedem Fall haben Sie danach eine Sammlung an schriftlich festgehaltenen Erinnerungen. Je umfangreicher sie ausfällt, umso wichtiger ist es nun, sich darüber klar zu werden, wo Prioritäten liegen. Lassen Sie Ihre Notizen am besten einmal über Nacht liegen und lesen Sie sie mit etwas Abstand dann noch einmal durch. Ergänzen Sie dabei (z. B. mit verschiedenen Farben oder Zahlen) zu jedem (!) einzelnen Punkt Ihre Einschätzung anhand folgender Kriterien:

Mindmap mit gekennzeichneten Prioritäten

Mindmap mit gekennzeichneten Prioritäten

  • Ein zentraler und prägender Punkt, der in meiner Biografie besonderer Aufmerksamkeit bedarf (vergeben Sie diese Wertung mit Bedacht!)
  • Ein wichtiger Punkt, der in meiner Biografie nicht fehlen sollte
  • Ein Punkt, der optional in die Biografie mit einfließen könnte.
  • Ein Punkt, der in der Biografie nicht erwähnt werden soll (aus welchem Grund auch immer)

Vom Nutzen der Notizen

Mit der Notizensammlung, die Sie am Ende in den Händen halten, haben Sie sich optimal auf das Gespräch mit Ihrem Biografen vorbereitet:

  • Sie haben Ihre Erinnerungen aufgefrischt und werden flüssig und detailreich erzählen können.
  • Sie haben eine schriftliche Erinnerungsstütze und werden beim Erzählen nichts auslassen, was Ihnen wichtig ist.
  • Sie haben einen persönlichen Leitfaden, der Ihnen und Ihrer Biografin bzw. Ihrem Biografen dabei helfen wird, den Umfang des Gesamtprojekts nicht aus den Augen zu verlieren. Sie/er wird Ihnen dabei helfen, Prioritäten zu setzen, wo es notwendig ist, und ausgewogen zu erzählen, sodass alle wesentlichen Aspekte Erwähnung finden werden und der zeitliche/finanzielle Rahmen dabei eingehalten wird.

Ob Sie Ihre Notizen Ihrer Biografin bzw. Ihrem Biografen zeigen, spielt eine untergeordnete Rolle. Die intensive Beschäftigung führt dazu, dass Sie Ihre Gedanken geordnet haben, das ist viel wichtiger. Ich persönlich arbeite selten mit schriftlichen Notizen meiner Kunden, die über einen sehr groben Lebenslauf hinausgehen – für mich steht die Erzählung immer im Vordergrund.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Aufschreiben und Strukturieren Ihrer Erinnerungen – und vor allem im Gespräch mit Ihrer Biografin bzw. Ihrem Biografen.

 

Rachel Fey

www.biografiestudio.de