Biografen und Stadtbibliothek laden zum „Erzählcafé“ ein – Mit Lesung am Abend

Kreuztal. Kinder springen in Kittelschürzen und kurzen Hosen auf dem Hof herum, sammeln interessant geformte Granatsplitter oder spielen „Deutschland erklärt den Krieg“. Mütter schieben am Backtag die Brote zum Backes, waschen am Waschtag die Wäsche in der großen Zinkwanne und anschließend gleich noch die Kinder, wenn das Wasser schon mal warm ist. Väter beackern mit dem Ochsengespann die Felder. Nach dem Krieg ist das Leben hoch funktional ausgerichtet: Die Körper und Seelen vom erlebten Grauen zerrissen und vernarbt, hangelt man sich am kulturellen Geländer der Gewohnheiten entlang und sucht Stabilität.

„Oma, von welchem Stern kommst Du denn?“ Unvorstellbar, dass die eigenen Großeltern so aufgewachsen sind, hier im Siegerland und in Wittgenstein! Kaum zu fassen, dass diese Lebenserfahrungen auch in den Nachkommen noch drinstecken, ihr Leben und Handeln prägen bis ins biblische „dritte und vierte Glied“. Der gemeinnützige Förderverein für Biographische Arbeit e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, Erinnerungen lebendig zu halten und Generationen ins Gespräch zu bringen über die Geschichte – die Familie und ihre Eigenarten, Erlebtes und Erlittenes, Überzeugungen und Entscheidungen. Dadurch wird gemeinsame Kulturgeschichte gepflegt, Verständnis erleichtert und gelegentlich die Aussöhnung mit Lebensbrüchen ermöglicht. Mitglieder des „Biographiezentrums“, der Vereinigung deutschsprachiger Biografinnen und Biografen, füllen die Vereinsarbeit mit Leben.

Gemeinsam mit der Stadtbibliothek Kreuztal lädt der Verein am Samstag, 28. März, zum „Erzählcafé“ ein: Ab 15 Uhr geht es im Vortragsraum der Bibliothek in geselliger Runde, bei Kaffee und Keksen, um Erinnerungen an Siegerländer und Wittgensteiner Kindheiten in der Nachkriegszeit. Einige Protagonisten werden dazu vorbereitete Erinnerungen vortragen. Daraus ergibt sich dann ein gemeinsames Gespräch, behutsam moderiert von der Weidenauer Biografin Adele von Bünau. Bünau gehörte acht Jahre lang der Lokalredaktion der Siegener Zeitung an, bevor sie sich vollständig auf Biografien und Firmengeschichten spezialisiert hat.

Wer im „Erzählcafé“ auf den Geschmack gekommen ist, kann am Abend gleich wiederkommen: Ab 19 Uhr werden Mitglieder des „Biographiezentrums“ aus fertigen Werken lesen. Beide Veranstaltungen sind kostenlos. Lassen Sie diese Lebensgeschichten, gekonnt ausformuliert, auf sich wirken, und lassen Sie sich davon anregen, selbst zur Feder oder Tastatur zu greifen. Die Reise in die eigene Vergangenheit, zu den großen Wendepunkten, Abgründen und Erfolgen des Lebens, wird Sie berühren!