Nun ist der Januar fast rum und der anfängliche Elan bei der Umsetzung guter Vorsätze (mehr Sport treiben!) lässt vielleicht schon wieder nach und weicht dem Alltagstrott.

Vielleicht hast du dir für 2024 vorgenommen, mit dem Aufschreiben deiner Lebensgeschichte oder deiner Familiengeschichte zu beginnen. Dazu, wie du dabei länger am Ball bleibst als bei dem Vorsatz, ab sofort mehr Sport zu treiben, gebe ich dir unten einige Tipps.
Vorher möchte ich eine kleine Anekdote mit dir teilen:

Unterwegs

Vor ein paar Tagen hatte ich einen Termin mit einer Kundin, die ich beim Schreiben ihrer Biografie unterstütze. Die Bahn hat morgens „deutschlandweite Einschränkungen“ aufgrund des „Wintereinbruchs“ angekündigt und ich zittere, ob mein Zug fahren wird. Ich habe aber Glück und die Regionalbahn fährt in Hamburg fahrplanmäßig ab und erreicht Lübeck auf die Minute pünktlich. Ich stehe an der Zugtür und blicke hinaus auf das Gleis, das neben mir immer langsamer wird, während wir in den Bahnhof einfahren. Da überrascht mich ein Gedanke:

1936, vor 84 Jahren, war mein Opa hier, an genau diesem Bahnhof in Lübeck angekommen. Er war 10 Jahre alt und hatte mit seiner Familie den Westerwald verlassen müssen, weil sein Vater, arbeitsloser Schlosser, in die Rüstungsindustrie nach Lübeck dienstverpflichtet worden war.

1945 gelangte auch meine Oma (15 Jahre alt) nach Lübeck. Sie kam wohl eher im Hafen als am Bahnhof an, denn sie hatte sich als Flüchtling aus Stettin über die Ostsee gerettet.

Beide hatten nicht von zu Hause weggewollt, trotzdem war Lübeck der Ort, an dem sie (erst einmal) ankamen. Mir hingegen bleiben neun Minuten zum Umsteigen.

Mit dem Bus – wo ist es eigentlich, das Schneechaos? – geht es weiter zu meiner Kundin nach Travemünde. Auch hier sprechen wir heute über Flucht, nicht von Stettin nach Lübeck, sondern von Königsberg (Preußen) über Umwege nach Heiligenhafen.

Drei kleine, persönliche Migrationsgeschichten: Jede von ihnen transportiert ein Stück Zeitgeschichte.

 

Flucht und Ankunft sind Themen, die auch heute aktuell sind. Denen zuzuhören, die solche Erfahrungen selbst gemacht haben, und ihre Geschichten zu bewahren, ist wichtig. Erinnerungen leben so – in den Familien und darüber hinaus – weiter und der geteilte Erfahrungsschatz bereichert uns alle.

 

“Erinnerung bewahren. Erfahrung teilen.”

Diesen Slogan haben wir Biograf*innen des Biographiezentrums für unser Jubiläumsjahr 2024 (20 Jahre Biographiezentrum!) gewählt. Ein guter Weg, um Erinnerungen generationsübergreifend zu bewahren, ist das Aufschreiben.

 

Biografie und Familiengeschichte schreiben

Ich selbst habe mir für 2024 vorgenommen, über meine Familiengeschichte zu schreiben. Jede Woche einen kleinen Text, vielleicht nur einen Absatz. Es muss nicht viel sein. Denn wichtig ist vor allem eines: Anfangen, von der Idee „ins Tun kommen“, aber auch – dranbleiben!

Wenn auch du mit dem Schreiben über dein Leben oder über die Geschichte deiner Familie anfangen möchtest, habe ich je vier Tipps für dich – fürs Anfangen und fürs Dranbleiben:

 

Meine Tipps

Aller Anfang ist … ein guter Anfang!

  1. Überlege dir, wo du schreiben möchtest und triff die Wahl für dein Schreibmaterial. Schreibst du am liebsten mit dem Handy auf dem Sofa? Oder am Küchentisch auf Papier? Im Café? An welchem Ort wirst du genug Platz und Ruhe finden und was brauchst du dafür?
  2. Fange nicht mit dem Anfang an. Der Anfang eines Buches erscheint uns oft als sehr bedeutend. Beginne lieber mit etwas Kleinem, Leichten. Etwas, das du gern erzählst. Vielleicht sogar etwas, das du (mündlich) schon oft erzählt hast, oder etwas ganz Banales. Das könnte eine Anekdote aus deiner Kindheit sein oder die Beschreibung deiner aktuellen Wohnung. Bloß nichts Anspruchsvolles!
  3. Wenn dir beim Einkaufen etwas einfällt, worüber du in deiner Biografie/Familiengeschichte unbedingt schreiben möchtest, schicke dir selbst eine E-Mail mit einem Stichwort. Pflege eine kleine Liste mit Ideen. Wenn du beim Schreiben einmal keine Idee hast, kannst du auf deine Ideenliste zurückgreifen.
  4. Keine Angst vor „schlechten“ Texten! Du kannst später alles überarbeiten (oder zerreißen). Hauptsache, du bringst erst einmal irgendetwas zu Papier. (Und psssst: Je öfter du scheibst, umso mehr „trainierst“ du deinen „Schreibmuskel“ und das Schreiben wird dir immer leichter fallen!)

 

Die hohe Kunst: Dranbleiben!

  1. Setze dir eine regelmäßige Deadline oder verabrede dich zu festen Zeiten mit dir selbst zum Schreiben, z. B.:

„Jede Woche spätestens Sonntagabend habe ich eine Erinnerung aufgeschrieben“ oder

„Ich schreibe jeden Abend nach dem Abendessen mindestens 10 Minuten lang“

Regelmäßigkeit ist der Schlüssel (nicht nur, wenn es um „mehr Sport“ geht).

  1. Schreibe nie an einem Kapitel weiter, weil du das Gefühl hast, es sei jetzt „dran“, obwohl dich ein anderes heute mehr reizt. Erlaube dir, immer über das zu schreiben, worauf die gerade Lust hast.
  2. Belohne dich jedes Mal dafür, dass du deine Deadline eingehalten bzw. deine Schreibverabredung wahrgenommen hast. Wie wäre es mit einer Lieblingsschokolade oder einem Entspannungsbad – aber erst, wenn du mit deinem vereinbarten Schreibpensum fertig bist!
  3. Sprich darüber, dass du schreibst! Erzähle deinen Freund*innen davon. Sie werden nachfragen, wie du vorankommst und das motiviert unheimlich (vielleicht macht sogar jemand mit?). Was genau du zu Papier bringst, musst du ja (noch) nicht verraten.

 

Hinterlasse gern einen Kommentar dazu, ob meine Tipps hilfreich für dich waren.

Ich wünsche dir viel Erfolg beim Schreiben (und Dranbleiben!) und alles Gute für 2024!

 

Rachel Fey