Dank Rüdiger Safranskis Biografie ist Goethe für mich nicht mehr “nur” ein berühmter Dichter und Denker, mit dessen Werke Lehrer gern ihre Schüler quälen, sondern ein faszinierender, vielseitiger Mensch mit Ecken und Kanten.

Mehrmals hatte mich die Biografie beim Schlendern durch Buchhandlungen angelacht, mehrmals hatte ich sie in der Hand gehalten und mehrmals wieder zurückgelegt. Die stattliche Seitenzahl von 750 schreckte mich ab, und Goethe … nun, seine Werke zählen bestimmt nicht zu meiner Feierabendlektüre.

Zufällig entdeckte ich das Buch im Internet, und die Beschreibung zog mich magisch an: Ein junger Mann aus gutem Hause, dem Studentenleben zugetan und dauerverliebt, wird Bestsellerautor, bekommt eine gutdotierte Stellung, dilettiert in Naturforschungen, flüchtet nach Italien, lebt in wilder Ehe  und bei alledem schreibt er seine unvergesslichen Werke.” Das Buch musste ich unbedingt haben! Innerhalb einer Woche hatte ich es verschlungen, nicht gelesen (das hole ich noch nach). Ich wollte mehr über Goethe als Mensch erfahren, und dafür musste ich nicht jede Zeile lesen. Die zahlreichen Zitate aus Briefen und der Autobiografie “Dichtung und Wahrheit” lassen vor allem den jungen Goethe lebendig werden ich spürte förmlich seine Spontanität, Unbekümmertheit gegenüber Konventionen und unbändige Neugierde auf die Welt.

Teilweise erkenne ich mich in Goethe wieder nein, ich bin und werde bestimmt keine berühmte Schriftstellerin. Das Schreiben fiel Goethe leicht, deshalb suchte er in der Politik und den Naturwissenschaften die Herausforderung. Zahlen sind mein Ding und logisches Denken, das kann ich sogar im Halbschlaf; das Schreiben hingegen war meine Herausforderung und ist inzwischen meine Leidenschaft. Auch sein Gefühl, eine Art Doppelexistenz zu führen, kann ich nachvollziehen, wenn es auch bei mir eher der Spagat zwischen Familie und Biografieschreiben ist.

Schon lange hat mich keine Biografie mehr so in den Bann gezogen und so überrascht!

Irina Kasprick

www.scribo-biographien.de