Seine Lebensgeschichte aufzuschreiben, ist das eine – ein Seminar zu besuchen, das an das autobiografische Schreiben heranführt, etwas anderes. Und doch passt beides sehr gut zusammen.

Seit mehreren Jahren biete ich Wochenendseminare zum autobiografischen Schreiben an. Diejenigen, die kommen, haben bisher auf geheimnisvolle Weise immer zusammengepasst – vermutlich, weil sie der Wunsch vereint, über das eigene Leben zu schreiben. Ansonsten gibt es oft nicht viele Ähnlichkeiten zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Nach wie vor kommen mehr Frauen als Männer in die Seminare, was vielleicht nicht groß verwundert. Doch hat sich noch immer gezeigt, dass es der Gruppe gut tut, wenn auch der männliche Aspekt nicht zu kurz kommt. Das Alters-Spektrum der Teilnehmer – von 19 bis 85 – ist ebenso breit gefächert wie das der (teils ehemaligen) Berufe. Und es zeigt sich immer wieder, dass man sich dem Thema des eigenen Lebens ganz unabhängig von der schulischen Bildung nähern kann; erst recht ist kein Hochschulstudium notwendig! Nein, allein der Wunsch und die Bereitschaft, sich an frühere Erlebnisse zu erinnern und sich ihnen schreibend zu widmen, genügt. Und immer wieder entstehen authentische Texte, mal kurz, mal lang; mal heiter, mal traurig, mal berührend, manchmal auch erschütternd. Oft steht dabei das eigene innere Erleben beim geschilderten Ereignis im Mittelpunkt.

Immer wieder habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Teilnehmer im Verlauf des Seminars zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen. Wie kommt das? Ich glaube, weil gegenseitiges Vertrauen dadurch entsteht, dass Teilnehmer ihre frisch geschriebenen Texte vortragen (obwohl es vielleicht erst einmal Überwindung kostet) und alle anderen mit Respekt und Wertschätzung zuhören. Zu letzterem verpflichten wir uns zu Beginn eines jeden Seminars. Und es ist eine Freude, mitzuerleben, wie die Scheu vor dem leeren Blatt schwindet, wie die Bereitschaft wächst, ohne Hemmungen einfach drauflos zu schreiben – warum auch nicht? Streichen, hinzufügen, ändern kann man später immer noch, wenn man es denn will. So entstehen lebendige Text-Unikate, die beim Vorlesen dem ganzen Plenum zugutekommen. Man lernt – oft ganz unmerklich – viel bei solchen Seminaren, nicht zuletzt die Dozentin, die für ihre Seminarvorbereitung mit einer wunderbaren Gruppenatmosphäre und den vielschichtigsten Texten belohnt wird.

Und nun zum Verbindenden zwischen dem autobiografischen Schreiben „im stillen Kämmerlein“ und dem während eines Seminars: Beides ist wichtig, beides ergänzt sich wunderbar. Im Seminar gibt es viele Teilnehmer, die kein ganzes Buch verfassen, sondern sich schreibend mit einzelnen Episoden ihres Lebens beschäftigen wollen. Dazu gibt es viele Anregungen im Seminar; die Gruppenatmosphäre schafft noch einmal weitere, oft ganz andere Impulse. Diese lassen sich mitnehmen nach Hause; dort kann man, daran anknüpfend, weiterschreiben und die im Seminar geschriebenen Geschichten ins große Ganze integrieren.

Wenn Sie also die Gelegenheit haben, ein Seminar zum autobiografischen Schreiben zu besuchen: Scheuen Sie sich nicht. Es wird Sie weiterbringen.