Wer auf sein Leben zurückschaut, erinnert sich an die besonderen Momente im Leben. Erlebte Glücksmomente nehmen dabei eine wahrlich angenehme Empfindung in der Rückschau ein. Denn wenn man sich an das Glück erinnert, stellt sich das euphorische Gefühl gleich noch einmal ein: Endorphine pur werden ausgeschüttet. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass das Erinnern an Glücksmomente fast genauso viele Glückshormone freisetzt, wie das direkte Erleben eines Glücksmomentes. Das heißt, Glückserfahrungen zu erinnern, bedeutet schöne Erfahrungen gleich zwei-, drei- oder mehrmals zu erleben. Erinnerungen an das Glück machen glücklich!
Glückserzähler + Glücksgeschreiber = Glücksgeschichten
Im Projekt „Glücksgeschichten“ (2021/2022) vom Arbeiter-Samariter-Bund Landesverband Hessen e.V., Regionalverband Hessen, war genau dies ein Ziel: Menschen zu ermuntern, sich an die glücklichen Lebensmomente zu erinnern und ihnen damit Freude zu vermitteln. Über einen achtmonatigen Zeitraum durfte ich ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen schulen, ältere Menschen bei einem Besuch zum Erzählen zu motivieren. Wie gelingt es, einfühlsam zuzuhören und die glücklichen Momente im Leben wachzurufen? Wo überhaupt ist das Glück zu finden? Was muss beachtet werden, um aus den vielen glücklichen Lebenserinnerungen ein Manuskript zu verfassen? Das waren einige der Fragen, der wir im Rahmen der Fortbildung und im Erfahrungsaustausch nachspürten.
Wo findet sich das Glück? Was macht glücklich?
Es ging um die Liebe, um Freundschaften, um Erfolge und auch um glückliche Fügungen. Das Zufallsglück war in der Erinnerung ebenso willkommen, wie eine positive Sicht darauf, wie sich das Leben entwickelte. Denn im zweiten Blick zeigte sich, dass die Erzählenden das Glück umso mehr schätzen konnten, wenn sie neben den Sonnentagen auch über die Regentage sprechen konnten. So fügte sich für sie in der Rückschau vieles zu einem größeren Ganzen zusammen und ergab Sinn im Lebensüberblick. Auch das sind Glücksmomente: Wer erkennen kann, für was etwas gut war oder wer geholfen hat, die Güte des Schicksals zu erleben, erlebt Sinn und Wertschätzung im Leben. Das bereichert die Gegenwart und spendet Mut für die Zukunft.
In der Begleitung der Glücksschreibenden und Glückserzählenden war es berührend zu sehen, wie gut die Paare zusammenpassten. Im Laufe der Gespräche entdeckten sie gemeinsame Interessen und es bahnte sich Nähe an. Es entstand ein bereichernder Raum der Begegnung – ein Raum, um die Glücksmomente zu teilen.
Am Ende Projekts waren die Manuskripte geschrieben, bearbeitet, als Buch gestaltet und gedruckt worden. Sowohl die Erzähler und Erzählerinnen als auch die ehrenamtlich tägigen Schreiber und Schreiberinnen strahlten bei der Bücherübergabe. Und die Projektverantwortlichen waren sich einig, dass dieses Projekt bald in eine zweite Runde gehen wird. Dann werden wieder Menschen gesucht, die Glücksgeschichten aus ihrem Leben erzählen und Interessierte, die zuhören, fragen und alles schriftlich festhalten.
Welch ein Glück für alle, die sich in dieses Projekt eingebracht haben! Zum Glück des Erinnerns – fast so schön wie das Erleben selbst – kommt auch noch das Glück des Helfens für die Schreibenden, das Glück der Gemeinschaft, das Glück des Erfolgs, ein Buch zustande gebracht zu haben und das Glück der Sinnfindung. Glück ist immer vergänglich, mal erlebt es im Kontrast zum Unglück, aber mit gutem “Glücksmanagement” kann man erheblich mehr davon haben – dazu hat dieses Projekt sicher beigetragen, bei den Erzählenden ebenso wie bei den Schreibenden. Schon davon zu lesen stimmt mich froh!